Karl Rottenschlager ist ein – inzwischen pensionierter – charismatischer Theologe und Sozialarbeiter, der viele Jahre im Gefängnis Stein arbeitete. Ihm fiel auf, dass Menschen, die aus dem Gefängnis kommen, oft rückfällig werden, da sie keinen gesellschaftlichen Anker haben. Charly – wie er von vielen genannt wird - wollte diesen Menschen eine zweite Chance geben und gründete mit enormem persönlichen Einsatz die Emmausgemeinschaft in St. Pölten.
1982 wurde also der „Verein für benachteiligte Menschen“ gegründet, Bedürftige konnten in einer Notschlafstelle nächtigen und warmes Essen bekommen. Inzwischen gibt es etwa sechs Standorte in St. Pölten und über 100 Mitarbeiter*innen neben vielen freiwilligen Helfern, die obdachlosen oder arbeitslosen Menschen ein Leben in Würde bieten. Wenn jemand Hilfe benötigt, dann gibt es bestimmte Stufen, die man durchlaufen kann. Am Ende dieses Prozesses steht der sogenannte „sekundäre Arbeitsmarkt“, der die Menschen darauf vorbereiten soll, wieder ein selbständiges Leben führen zu können und im „primären Arbeitsmarkt“ mit all seinen Anforderungen bestehen zu können.
Um den Menschen eine sinnstiftende Arbeit in einem geschützten Raum zu ermöglichen, wurde etwa eine Gärtnerei gegründet, es werden Reparaturarbeiten vorgenommen, Häuser entrümpelt und eine Tafel wurde geschaffen, die Menschen mit Lebensmitteln versorgt, die von Supermärkten sonst entsorgt werden würden. Außerdem werden in Werkstätten hübsche Gegenstände hergestellt, die in einem Shop verkauft werden und es gibt am ersten Samstag im Monat einen mittlerweile stadtbekannten Flohmarkt.
Die Schüler*innen besuchten das Gelände in der Austinstraße 10, wo sich das Büro befindet mit vielen Werkstätten. Verschiedene Notschlafstätten befinden sich aber an anderen Orten in St. Pölten. Auffällig war, dass es eine angenehme Arbeitsatmosphäre gibt, und dass allen Menschen, unabhängig von ihren persönlichen Problemen, ein würdevolles Dasein ermöglicht wird. Das Angebot richtet sich an Jugendliche, Frauen und Männer jeden Alters, die aus irgendeinem Grund Hilfe benötigen oder obdachlos geworden sind. Das Herkunftsland, eine eventuelle psychische Erkrankung oder eine Suchterkrankung spielen dabei keine Rolle. Wichtig ist nur, dass man sich an folgende Regeln hält: keine Drogen, kein Alkohol, keine Gewalt.
Zuletzt lernten wir noch Matthias kennen, der von seinem eigenen Schicksal berichtete und erzählte, warum er in einem Gefängnis landete und wie es ihm nach der Entlassung erging. Die Schüler*innen des 1AMA waren beeindruckt, in welchem Ausmaß sich manche Menschen in ihrer Freizeit engagieren und wie sie durch ehrenamtliche Arbeit anderen helfen können.